Bisher hat sich der Verein hauptsächlich den literarischen und musikalischen Seiten der Kultur gewidmet und dadurch unvergessliche Veranstaltungen auf den Weg gebracht.
Auch dieses Mal ist der Ausgangspunkt ein Theaterstück, doch ganz aktueller Natur. „Auf Leben und Tod – A la vie, à la mort“ von Simone Rist handelt vom Wachkoma und der Situation in einer Intensivstation. Dieses Stück stieß auf große Resonanz in Paris und in Avignon, daher beschloss der Verein, das Stück in Deutsch zu übertragen und einem deutschen Publikum zu präsentieren. (Medienecho hier)
Getreu dem Namen unseres Vereins beschloss dieser eine Einbettung des Theaterstücks in die deutsch-französischen Beziehungen. Die Veranstaltungsreihe über die Sozialsysteme in Frankreich und Deutschland beleuchtete die Unterschiede der beiden Länder: Eine Veranstaltung zeigte die Verwurzelung in der historischen Entwicklung auf: in Frankreich die tiefe Verankerung der Rolle des Staates im Hinblick auf die soziale Fürsorge, wohingegen in Deutschland der Liberalismus auf Eigeninitiative setzt.
In einem Filmnachmittag folgte das Publikum gespannt einer Dokumentation, in der dargestellt wurde, wie Mercedes-Benz durch Werkverträge Löhne gedrückt hat. In einem zweiten Film wurde der Niedergang der bedeutenden Industriezentren Nordfrankreichs dargestellt, der an die Situation im Ruhrgebiet denken ließ. Die beiden Filmemacher waren da und beantworteten die Fragen des Publikums.
Ein besonders eindrücklicher Abend war der Vergleich der Krankenhauspflege, und die Zeit reichte nicht, die vielen Fragen des Publikums aufzugreifen. Die Probleme in den Krankenhäusern ähneln sich, wobei in Frankreich die Lage nicht so angespannt ist wie in Deutschland. Es entstand der Eindruck, dass das Pflegepersonal in Frankreich eine höhere Wertschätzung erfährt als bei uns.
Insgesamt wurde deutlich, dass die Durchrationalisierung des Gesundheitswesens in Frankreich nicht so weit fortgeschritten ist wie in Deutschland, was dazu führt, dass sich bei uns eine gewisse Kälte in der Pflege breit macht.
Um dem Publikum am Ende der Reihe einen unterhaltsamen Abschluss zu bieten, wurden die Band Zweierpasch aus Freiburg und Straßburg und der äußerst lebendige Dichter und Slammer Mathias Marras aus Bordeaux eingeladen. Die Inhalte beider Darbietungen waren witzig, aber auch hintergründig. Besonders wurde angeprangert die Ungleichheit in Frankreich und Deutschland - die fracture sociale -, eine ausgesprochen skandalöse Entwicklung in beiden Ländern.
Das Wagnis, einmal den Begriff „Kultur“ ganz weit auszulegen, fand ausgesprochen regen Zulauf, sodass daraus alles in allem ein ermutigendes verlängertes Wochenende mit interessanten Erkenntnissen entstand.
Februar 2017
Barbara Mors-Stammler